Entwicklungsphasen von Welpen: Richtige Jugend-Erziehung

Welpe liegt mit Fussball auf dem Rasen.

Es ist so weit! Die Hundemama war etwa 2 Monate trächtig und ein neuer Wurf erblickt zum ersten Mal das Tageslicht. Je nach Alter deines Welpen, befindet er/sie sich in einer speziellen Entwicklungsphase. Wenn du in den letzten Jahren einen Vierbeiner willkommen heißen durftest oder überlegst ob es 2022 endlich soweit ist, dann kannst du in diesem Artikel das Fachwissen, darüber welche Phasen dein Kleiner oder deine Kleine gerade durchläuft, nachlesen.

Nach seiner Geburt durchlebt der Hund verschiedene Entwicklungsphasen. Häufig erinnern diese an menschliche Lebensphasen. Wer Kinder hat, wird sich mit Sicherheit an einiges erinnert fühlen. Beim Hund sind die einzelnen Phasen jedoch kürzer als beim Menschen – du kannst und solltest sie also gut nutzen! Im Laufe der gemeinsamen Zeit wächst dein Welpe dann zum stolzen Hund heran. Diese Zeit kann man perfekt nutzen, um die wichtigsten Grundlagen zu erarbeiten.

Bis zur 8. Lebenswoche: Bei der Mutter

Bis mindestens zur achten Lebenswoche bleibt der Welpe normalerweise bei seiner Mutter (und damit oft beim Züchter). Nur in extremen Ausnahmefällen ist eine frühere Trennung sinnvoll, zum Beispiel wenn die Mutter krank ist. Im Regelfall gilt aber: Eine frühe Trennung ist kontraproduktiv, denn der Welpe lernt am meisten von seiner Mutter und seinen Geschwistern.

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Schon in diesen ersten acht Wochen durchlebt ein Welpe mehrere Evolutionsphasen.

Welpen bei ihrer Mutter
Die Welpen sind in diesen Phasen sehr nah bei ihrer Mutter und Geschwistern. Sie brauchen diese Bindung.

Vegetative Phase

In den ersten zwei Wochen, der sogenannten vegetativen Phase, muss der Welpe sich zunächst an das Leben gewöhnen. Sowohl seine Ohren als auch seine Augen sind noch verschlossen. Während dieser Zeit ist er also besonders schutzbedürftig.

Übergangsphase

Ab der dritten Woche beginnt eine Übergangsphase. Die Augen und die Gehörgänge öffnen sich langsam. Dennoch nimmt der kleine Vierbeiner seine Umwelt noch nicht aktiv wahr. Die Seh- und Hörfähigkeit setzen erst ab dem 18. Tag ein. Bis zu diesem Zeitpunkt schläft der Welpe die meiste Zeit.

Dafür wird er jetzt umso aktiver und möchte seine Umwelt erforschen. Zum ersten Mal hat er bewussten Kontakt zu seinen Wurfgeschwistern und seiner Mutter. Er lernt nun, seine Umwelt voller Interesse wahrzunehmen.

Prägungsphase

Zwischen der 4. und der 7. Lebenswoche schließt sich die wichtige Prägungsphase an. Der Hund nutzt nun seine Sinne, um die unterschiedlichsten Umwelteinflüsse kennenzulernen. Dazu zählt insbesondere der Kontakt mit Menschen. In dieser Phase knüpft der Welpe also die ersten Sozialkontakte.

8.-12. Lebenswoche: Sozialisierungsphase

Ab frühestens der achten Lebenswoche kommt ein Welpe vom Züchter zu seinem neuen Besitzer. Dieser Wechsel des Lebensraums markiert zugleich den Beginn der Sozialisierungsphase, die bis zur zwölften Lebenswoche anhält. (Manche Autoren fassen Prägephase und Sozialisationsphase zur sogenannten Habituationsphase („Gewohnheitsbildung“) zusammen und dehnen sie bis zur 16. Woche aus.)

Die Sozialisierungsphase ist entscheidend für das weitere Leben des Hundes und prägt ihn dauerhaft! Zugegeben: Dein neuer Begleiter ist nun wirklich extrem süß, verspielt und noch etwas unbeholfen. Lass ihn die Welt entdecken und begleite ihn liebevoll, zeig ihm aber auch erste Grenzen. Das kann ganz spielerisch und nebenbei, aber trotzdem konsequent geschehen, ohne dass du deinen Hund schon streng erziehst. Zeig ihm einfach, was er darf und was er nicht darf – dann lernt er schon fürs Leben und du kannst im Idealfall der Entstehung von problematischem Verhalten vorbeugen.

Im Grunde macht es uns ein Hund sehr einfach. Während der Sozialisierungsphase ist er besonders neugierig und aktiv. Er sollte jetzt möglichst viel Kontakt zu Artgenossen und anderen Menschen haben, um die Sozialsphäre zu entdecken. Lass deinen Hund unterschiedliche Umgebungen wahrnehmen: das eigene Heim, die Wohnung von Eltern und Freunden, der Park, die Hundeschule … Während der anfallenden Impfungen und Untersuchungen kannst du ihn auch gleich an den Tierarzt gewöhnen, so dass er später hoffentlich angstfrei dorthin geht.

Ohne Zweifel ist dies die wichtigste Phase der gemeinsamen Beziehung. Falsche Entscheidungen wirken sich dauerhaft auf die Zukunft des Hundes aus und jetzt falsch Gelerntes lässt sich später meist nur schwer korrigieren. Jetzt ist daher auch der richtige Zeitpunkt, die Grundkommandos zu lernen (oder zumindest zu beginnen) und dauerhaft einzuprägen.

Milder(!) Stress ist dabei wünschenswert, denn er wirkt sich fördernd aus. Lass deinen Hund alle Geräusche, alle Orte, alle Situationen kennenlernen, die ihm später begegnen. Jetzt kannst du feststellen, wo dein Hund Probleme hat, und effizient daran arbeiten. Übertreibe es aber nicht: milder Stress, mit Betonung auf mild! Bereits 10 Minuten gezieltes Training können für einen ausgewachsenen Hund sehr anstrengend sein. Für einen Welpen ist alles neu und aufregend. Deshalb sind auch regelmäßige längere Schlaf- und Ruhephasen wichtig. Wie bei Kindern gilt auch bei Welpen: Die ganze Welt muss erst entdeckt und kennengelernt werden! Mach deinen Welpen Stück für Stück positiv und spielerisch mit verschiedenen äußeren Einflüssen vertraut:

Welpe erkundet seine Umwelt
Dieser Welpe macht seine ersten Erfahrungen mit seiner neuen Umgebung.
  • Verschiedene Untergründe (Teppich, Holz, Gras, Beton …)
  • Verschiedene Objekte und Spielzeuge (Bälle verschiedener Größen, Holz, Plastik …)
  • Verschiedene Orte (zu Hause, Freunde, Park …)
  • Verschiedene (fremde) Menschen (Jogger, Passanten, Rollstuhlfahrer, Radfahrer …)
  • Verschiedene Geräusche (Klingeln, Hupen, Staubsauger, Autobremsen …)
  • Verschiedene Verkehrsteilnehmer (Auto, LKW, Fahrrad, Pferd …)
  • Verschiedene andere Hunde und Tiere

13.-25. Woche: Wo ist mein Platz?

Warst du in der Sozialisierungsphase mit der Erziehung nicht konsequent, spürst du ab der 13. Woche die Folgen. Bis zum sechsten Lebensmonat versucht der Welpe, seinen Platz innerhalb der familiären Struktur zu finden und einzunehmen. Erwarte dabei nicht, dass er sich von selbst ganz am Ende anstellt! Verschiedentlich wird diese Phase als Rangordnungsphase oder Rudelordnungsphase bezeichnet. (Allerdings wird das Konzept von Rangordnung, Rudelführer und Co. zunehmend angezweifelt.)

In dieser Phase solltest du zeigen, dass du deinem Hund Sicherheit und Orientierung geben kannst. Damit ist nicht gemeint, dass du ein Alpha-Tier für deinen Hund bist und ihm in jeder Situation exakt vorschreibst, was er tun soll. Vielmehr zielt dies auf natürliche Autorität ab. Dein Hund soll erkannt haben, dass er sich absolut auf dich verlassen kann, dass du Entscheidungen triffst, mit denen er am besten fährt. Das gibt euch beiden Sicherheit: Dein Hund hat Halt und Führung, und du kannst dich auf deinen Hund verlassen.

Natürlich musst du ihm dazu auch Grenzen setzen und konsequent sein, allein schon für seine eigene Sicherheit innerhalb der menschlichen Gesellschaft. Schreien, übertriebene Strenge oder gar körperliche Strafen sind hier jedoch der falsche Weg.

Dein Hund wird nun ausprobieren, die gesetzten Grenzen zu übertreten: Wie weit komme ich? Geht nicht vielleicht doch ein wenig mehr? Mache deutlich, dass die Grenzen sich nicht verändert haben. Soll dein Hund nicht aufs Sofa, so kommt er auch jetzt nicht drauf – keine Ausnahmen! Findet dein Welpe heraus, dass sich eine Grenze verschieben lässt, wird er es erneut versuchen.

Dies gilt sowohl dir gegenüber als auch gegenüber anderen Hunden. In diesem Zeitraum solltest du daher auch auf das Zusammensein mit anderen Tieren achten. Um dies weiter zu unterstützen, kann dein Hund etwa um die 16. Lebenswoche von der Welpengruppe in die Junghundegruppe wechseln.

Ein Welpe gähnt - oder zeigt er seine neuen Zähne?
Gähnt dieser Welpe erschöpft oder zeigt er stolz seine neuen Zähne?

In diesem Zeitraum bekommt dein Hund auch neue Zähne – und setzt dieses neue Werkzeug enthusiastisch ein. Arbeite weiterhin mit liebevollen aber konsequenten Erziehungsmethoden! Es liegt an dir, deinem Hund klar zu machen, dass er bitte nicht an den Möbeln herumkaut und auch die Gardinen an der Stange lässt.

Wichtig ist dabei, dass dein Hund dir vertraut. Hast du dies erreicht, lässt er sich auch bereitwillig von dir führen und hört auf deine Kommandos. Ob du dich “Rudelführer” oder sonst wie nennst, ist nebensächlich, solange dein Hund von deinen Qualitäten überzeugt ist. Damit er versteht, was du möchtest, musst du vor allem klare Signale senden und ihm deutlich zeigen, welches Verhalten du dir von ihm wünscht. Zeig ihm Alternativen und belohne richtiges Verhalten – so wird dein Hund am ehesten verstehen können, was du von ihm erwartest. (Siehe auch: Konsequente Hundeerziehung)

Das alles ist ein Prozess, der Arbeit, aber auch Geduld erfordert. In einem gut funktionierenden Team sind die Bedürfnisse und Grenzen beider Seiten wichtig. Lass deinen Welpen also auch albern und wild sein und sorge für die richtige Auslastung. Auch spielerisch kann viel gelernt werden!

7.-12. Lebensmonat: Pubertätsphase

Nach den ersten sechs Monaten mit deinem treuen Begleiter wirst du nun mit der letzten großen Herausforderung konfrontiert. Zwischen dem 7. und dem 12. Monat durchlebt der Vierbeiner seine Pubertät oder Flegelphase. Wenn du Kinder hast, kannst du dir in etwa vorstellen, was nun auf dich zukommt.

Diese Phase zeichnet sich dadurch aus, dass der Rüde zum ersten Mal sein Beinchen hebt; die Hündin erlebt ihre erste Läufigkeit und macht die Hunde in der Nachbarschaft verrückt. Daneben verhalten sich die jungen Erwachsenen trotzig oder frech und wollen sich an die zuvor aufgestellten Regeln nicht mehr erinnern können. Er ist jetzt der Big Boss – auch dir gegenüber. Da musst du leider durch.

Die Dauer dieser Phase ist sehr unterschiedlich und hängt insbesondere von der Rasse des Hundes ab. Dein Ziel, deinen Hund konsequent zu erziehen, solltest du in dieser Zeit nicht aufgeben. Resignation ist die falsche Richtung! Denn trotz seiner bockigen Art ist dein Hund immer noch bereit, von dir zu lernen – auch wenn er das nicht immer zeigt. Hast du sein Vertrauen gewonnen, fällt es dir besonders leicht.

12.-18 Monat: Reifung zum stolzen Hund

Nach der Pubertät reift der Hund in der sogenannten Reifungsphase zum erwachsenen Tier heran. Hier zeigen sich deutlich alle Auswirkungen der zuvor betriebenen Erziehung. Der Hund ist jetzt vollständig ausgewachsen.

Zwar bedeutet dies nicht, dass er nichts mehr lernen kann, aber die entscheidenden Dinge hat er nun verinnerlicht. Fortan musst du sowohl mit den positiven als auch mit den negativen Eigenschaften deines Vierbeiners leben. Seine psychische Einstellung lässt sich nun schwerer beeinflussen als zuvor.

Durchgängiges Lernen – Variable Dauer der Phasen

Die genaue Dauer der genannten Zeiträume variiert sowohl zwischen unterschiedlichen Hunderassen als auch zwischen den Hunden selbst. Wie auch beim Menschen: Jeder Hund ist anders. Das erste halbe Jahr verläuft bei den meisten Welpen zwar ähnlich, ab der Pubertätsphase macht sich das Rassenerbe jedoch stärker bemerkbar. Manche Autoren setzen die Phasen auch etwas anders an und sehen den Beginn der Sozialisierungsphase früher.

Zusammenfassend kann man hier sagen: Bis zum Erwachsenenalter lernen Welpen durchgehend und besonders schnell. Zwischen den einzelnen Phasen gibt es keinen Bruch: Sie gehen fließend ineinander über. Das bedeutet, dass du nicht unbedingt bis zu einem bestimmten Tag oder einer bestimmten Woche warten musst, um etwas mit deinem Welpen lernen. Du solltest dein Verhalten nicht plötzlich umstellen. Jeder Hund ist individuell: Manche Welpen sind neugieriger, wollen schneller erkunden und lernen; andere sind schüchtern und brauchen vielleicht eine halbe Woche mehr.

Achte auf deinen neuen Mitbewohner und du stellst fest, wann es die rechte Zeit ist, sein Training auszubauen. Überfordere ihn nicht – pass aber auch auf, dass du ihn nicht zu sehr in Schutz nehmen willst. Übertriebener Schutz vor allem schadet deinem Hund. Denn er muss lernen, in der Gesellschaft zurechtzukommen. Dazu zählt auch, ihm seine Ängste zu nehmen und mit all den seltsamen, neuen Eindrücken vertraut zu machen. Dafür bieten sich vor allem kurze Trainingseinheiten an.

Führe deinen Hund beizeiten an seine Umwelt heran! Dann nimmt er sie als etwas Vertrautes, Normales wahr und wird gelassen gemeinsam mit dir durchs Leben gehen.

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